PCT Meile 790.1, Höhe 3‘280 Meter, 34.2 km / 9h 30 / ca. 1‘290 Höhenmeter gelaufen
Im Moment befinde ich mich nicht auf dem PCT. Wir mussten diesen verlassen um unseren Lebensmittelvorrat aufzustocken.
Von Anfang an.
Der Tyndall Creek, neben welchem ich mein Zelt aufgeschlagen habe, ist in der Nacht nicht leiser geworden. Das Geräusch der Wassermassen hat mich in den Schlaf begleitet. Meine Gedanken waren aber ständig beim heutigen Tag. Heute ging es darum den höchsten Punkt des PCT zu überqueren. Dies ist der Forester Pass welcher knapp über 4’000 m hoch ist.
Wir haben abgeschätzt, dass wir circa 2 Stunden Anmarschzeit benötigen, um von unserem Zeltplatz bis an dem Fuss des Passes zu kommen. Daher hiess es um 4:30 Uhr Tagwache und um 5:30 Uhr Abmarsch. Heute Morgen waren wir zu dritt, da sich gestern noch ein Wanderer, für den heutigen Tag, uns angeschlossen hat. Dieser Wanderer wohnt und Arbeit in New York, kommt aber ursprünglich aus Bern, Schweiz. So ist unser kleines Grüppchen in rund 2 Stunden zum Fuss des Passes hoch gestiegen.
Gestern war ich noch etwas enttäuscht, dass wir nicht weiter oben unser Camp aufgeschlagen haben. Heute musste ich feststellen, das es keine einzige Möglichkeit gegeben hätte weiter oben noch zu campen. Durch die Schneeschmelze war der Bereich bis circa 3’700 m eine reine Sumpflandschaft.



Wir mussten unseren Weg immer wieder den Gegebenheiten anpassen. So dass wir einigermassen mit trockenen Füssen weiterlaufen konnten. Von 3’700 m bis 3’800 m, dem Fuss des Passes, hatte es eine geschlossene Schneedecke. Diese war glücklicherweise noch gefroren. Ansonsten wäre es recht schwierig gewesen über diese hinweg zu laufen. Als wir den Pass von unten angeschaut haben, konnte wir uns nicht vorstellen wie wir diesen bewältigen sollen. Wir sind dann mal mutig, Direttissima, den Hang hoch gestiegen. Am Hang hatte es nur noch vereinzelte Schneefelder. Der grösste Teil bestand aus losen Steinen. Es war sehr anstrengend, in diesem steilen Hang, einen sicheren Halt auf den losen Steinen zu finden. Nach etwa 100 Höhenmeter haben wir den eigentlichen Weg gekreuzt. Dieser war von unten nicht sichtbar. Dieser führte uns dann, in mehreren Schlaufen bis zum Pass. Wir haben für die 200 Höhenmeter rund 30 Minuten benötigt.



Die Aussicht vom Pass, auf beide Seiten, war grandios. Ich habe bemerkt wie bei mir die Anspannung abgefallen ist. Wir haben uns gegenseitig etwa 30 Minuten lang abgefeiert, Fotos gemacht und zusammen gesprochen. Anschliessend ging es auf der nördlichen Seite über ein grosses Schneefeld nach unten. Es bestand die Möglichkeit, gewisse Teile runter zu rutschen. Das war mir etwas zu gefährlich. Aber nicht sehr lange. Dann habe ich aus meinem Rucksack eine Plastiktüte her vorgenommen und bin damit ein paar 100 m runtergeschlittert. Mike hat es mir dann nachgemacht, dies mit seinen kurzen Hosen. Er hat nicht gesehen, dass ich auf einer Plastiktüte runter gerutscht bin. Freude hatten wir aber beide.

Anschliessend ging es rund 1’200 Höhenmeter runter. In Gedanken versunken habe ich es dann wirklich geschafft mich zu verlaufen. Das gebe ich ungern zu, war aber so. Um wieder auf den Weg zu kommen bin ich dann Freistil durch die Gegend gelaufen. Netterweise hat Mike auf mich gewartet. Als wir auf 2’800 m angekommen sind, ginge es wieder rund 400 m hinauf, wo wir dann zu Mittag gegessen haben. Anschliessend ging es nochmals circa 400 m hinauf bis zum Kearsarge Pass auf 3’600 m. Auch von diesem Pass aus war die Aussicht grandios. Dann ging es während rund 2 Stunden rund 800 m hinunter, dies bis zum Kearsarge Pass Trailhead. Dort wartete die Frau von Mike auf uns. Sie hat uns sogleich super bewirtet. Verschiedene Früchte und ein paar gekühlte Getränke. Anschliessend ginge es in einer rund einstündigen Fahrt runter in die Fläche und weiter noch Bishop. Bishop liegt ein ganzes Stück entfernt, hat aber alles was man für ein Resupply benötigt. Daher zieht es viele Wanderer nach Bishop.


Auf der Fahrt konnte ich endlich meine letzten Blog Beiträge hochladen. Zudem noch andere offenen Arbeiten am Handy erledigen. So ist die Fahrt sehr schnell vorbeigegangen.
Im Eastside Guesthouse & Bivy habe ich dann mein Zimmer bezogen, das erste in sechs Wochen. Dann ging es darum meine Elektronik zu laden, die Kleider zu waschen, zu duschen und zu rasieren. Nach dem duschen, und dem Entfernen meiner Fersenpflaster, habe ich das ganze Ausmass meiner Blattern erkannt. Bedingt durch die vielen Wasserdurchquerung haben meine Füsse zusätzlich gelitten. Zudem, das habe ich in diesem Blog noch nicht erwähnt, habe ich seit ein paar Wochen Gefühlsstörungen im vorderen Fussbereich und an den Seiten meiner beiden Oberschenkel. Mir wurde nun bewusst, dass ein Weiterlaufen infrage gestellt ist. Diese Einsicht hat mich bitter weinen lassen. Ich bin jemand der selten weint, aber im Moment ist meine Enttäuschung schon sehr gross. Erste medizinische Abklärungen habe ich bereits unternommen und werde diese morgen noch weiterführen. Ich möchte nicht das Risiko eingehen, meinen Traum mit irreparabeln Schäden zu bezahlen.
Ich war dann mit Mike und seiner Frau gut essen und wir haben über Gott und die Welt gesprochen. Nun liege ich um 22:30 Uhr in meinem Hotelzimmer. Eine Zeit in welcher ich sonst schon lange schlafe.